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Martin Beyersdorf


Selbstorganisierte Bildungsarbeit

zwischen neuen sozialen Bewegungen und öffentlichem Bildungssystem


eine explorative Bestandsaufnahme


Von der Nutzlosigkeit erwachsen zu werden, waren viele Menschen betroffen, die sich sozial und politisch bewegten, die sich und die Verhältnisse bedachten. Sie gehörten zur Gruppe der kritischen „Konsum-Kinder“.


Der größte Teil der ehedem schon erwachsenen Welt, d.h. die der Erwachsenen, vernichtet(e) nicht nur in der Gegenwart die Zukunft und die Vergangenheit, sondern sie schmückt sich zugleich - auf Geheiß der daran Verdienenden - mit käuflicher Jugendlichkeit.


Im Widerstand gegen diese Welt der Erwachsenen - im „Ganz-Anderen“,

„im Abseits“, in Nischen, in experimentellen Lebensformen, in selbstorganisierten Projekten und selbstverwalteten Betrieben - sind diese Kinder selbst erwachsen geworden. Die von ihnen ausgestalteten Lebens- und Arbeitswelten bestehen nunmehr seit über zwanzig Jahren. Von einem Ausschnitt dieser Welt - der selbstorganisierten Bildungsarbeit als Lern-, Arbeits- und Lebensort - handelt diese empirische Untersuchung.


Die Praxis der selbstorganisierten Bildungsarbeit wird überwiegend mit Zahlen erfasst und beschrieben, unter der Vorraussetzung gemeinsamer Symbolwelten zur Kennzeichnung des „Ist“ und des „Soll“.

Zahlen alleine sprechen nicht. Zur „Verdichtung“ der Darstellung und zum Erhalt der Kontraste zwischen Dialektischer Sprache und mono-logischer mathematischer Verarbeitung werden erhobene Daten in Schaubildern visualisiert. Diese Vorgehensweise ermöglicht zum einen komplexe Darstellungen, erfordert aber zum anderen die Einübung in neue Blickweisen.



ABSTRACT


Selbstorganisierte Bildungsarbeit hat sich seit Ende der sechziger Jahre ausgehend von den neuen sozialen Bewegungen zu einem Teil der Erwachsenenbildung, verstanden als quartärer Sektor des öffentlichen Bildungssystems, entwickelt. Die wissenschaftlich-empirische Untersuchung des Standes dieser Entwicklung ist in der sogenannten 'Bewegungswissenschaft' und der Wissenschaft der Erwachsenenbildung zwar gewünscht, aber bisher nicht erfolgt Die Erhebung ist auf Niedersachsen als Traditionsland der Erwachsenenbildung begrenzt, hier besteht zugleich ein besonders hoher Organisationsgrad selbst-organisierter Bildungsarbeit.

Die explorative Bestandsaufnahme orientiert sich an den Sichtweisen der institutionalisierten Erwachsenenbildung, um die Gegenüberstellung von Profilen zu ermöglichen. Gesellschaftspolitische, institutionelle, berufs- und professionspolitische, konzeptionelle und mikro-didaktische Aspekte werden mit Fragebogen und Interviews in einer gestuften Auswahl von Projekten, Mitarbeiterlnnen, Referentlnnen und Teilnehmenden erhoben. Die Ergebnisse werden kommunikativ geprüft, in Zukunftsszenarios übersetzt und mit der institutionalisierten Erwachsenenbildung konfrontiert. Diese Vorgehensweise sichert empirisch geprüfte Aussagen über den Stand und die systemischen Entwicklungsperspektiven der selbstorganisierten Bildungsarbeit zwischen neuen sozialen Bewegungen und öffentlichem Bildungssystem.

Es wird herausgearbeitet, dass im Institutionalisierungsprozess die wesentlichen inhaltlich-politischen Intentionen und Arbeitsweisen der selbstorganisierten Bildungsarbeit erhalten bleiben. Im mikro-didaktischen Bereich entwickeln sich jedoch negativ bewertete Aspekte durch das marktorientierte Strukturmodell von Lehr-Lern-Beziehungen. Auf gesellschaftspolitischer Ebene werden Inhalte und Formen für die pädagogische Praxis aus lebensweltlichen Betroffenheitslagen bestimmt. In der Umsetzung dieser Inhalte und Formen ergibt sich eine sehr hohe Passung zwischen den Erwartungen der Teilnehmenden und den faktischen Lernprozessen (Bildungsziele, politisches Engagement, Lernorte und Lernarten). Besondere Leistungen der selbstorganisierten Bildungsarbeit für das System Erwachsenenbildung bestehen in der Erschließung neuer Themen, Arbeitsformen und Teilnahmegruppen sowie in der Entwicklung neuer Formen der Vermittlung von Bildungsgeschäft und personellem politischen Engagement.


1.Aufl.- Hamburg 1991

ISBN 3 - 92 88 59 - 00 - 5

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